Der Verleger Gustav Kiepenheuer überliefert die hübsche Geschichte, wie sich Joseph Roth bei ihm für den Einfall zu dem Romantitel Radetzkymarsch bedankte.
Joseph Roth, der nicht nur ein begnadeter Schriftsteller, sondern auch ein gewaltiger Trinker vor dem Herrn war, schuf mit dem 1932 erschienenen Roman Radetzkymarsch eines der bedeutendsten Werke der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Der Roman erzählt über drei Generationen hinweg den Aufstieg und Niedergang der Familie Trotta, deren Schicksal eng mit dem Untergang des Habsburgerreiches verknüpft ist. Der Titel des Romans bezieht sich auf den von Johann Strauß komponierten Marsch, der als musikalisches Symbol die Handlung begleitet.
Gustav Kiepenheuer, der Anfang der 1930er-Jahre Roths Verleger war, berichtet:
Und eines Tages gingen wir auf dem Augustus-Platz in Leipzig auf und ab und besprachen den Druck des Buches und suchten einen Titel. Als ich rief: „Radetzkymarsch“, umarmte er mich, fasste mich am Arm und zog mich zu Felsche, den Einfall zu begießen. Dann holte er seine flache silberne Uhr aus der Weste, öffnete den Deckel, ritzte mit einem Taschenmesser dort das Datum, unsere Namen und ‚Radetzkymarsch‘ ein und überreichte sie mir zum Andenken an diese Stunde. Ich trug sie stets bei mir, bis sie mir im Krieg verlorengegangen ist, wie Joseph Roth selbst.